Im Februar nächsten Jahres erscheint bei humboldt der Ratgeber meiner Co-Autorin Michèle Liussi und mir. Das Manuskript ist seit einigen Wochen fertig und über das Buch selbst dürfen wir bald mehr verraten.
Ich erzähle euch in diesem Artikel, wie wir uns organisiert und das gemeinsame Schreiben strukturiert haben. Das ist kein How-to, denn jeder Schreibprozess verläuft individuell, alle Autor*innen haben ihre eigenen Methoden. Aber vielleicht dient es dem einen oder der anderen als Inspiration. Oder befriedigt eure Neugier.
(Viele der Punkte gelten übrigens genauso, wenn du allein an einem Buch schreibst.)
Eine*n Co-Autor*in finden
Am Anfang standen bei uns zwei angehende Autorinnen, die für ein Thema brannten. Wir kannten uns nicht und spielten beide mit dem Gedanken, dieses in Buchform zu gießen. Der Zufall wollte es, dass wir unabhängig voneinander unserem „Trüffelschwein“ Inke davon erzählten. Sie ist eine Freundin von Michèle und ich habe ihre letzten beiden Bücher lektoriert. Inke hat nicht lange gezögert und uns zusammengebracht. Für diese Initiative sind wir ihr für immer dankbar. Es war in unserem Fall die absolut richtige Entscheidung, uns zusammenzutun und im Team zu arbeiten, weil sich Wissen und Erfahrungen perfekt ergänzen.
Du suchst auch einen Co-Autor oder eine Co-Autorin?
Halte die Augen offen, sprich über dein Thema, vernetze dich!
Struktur finden
Ein Thema macht noch kein Konzept. Wenn du einen Ratgeber schreiben möchtest, kennst du dich in deinem Feld sicher sehr gut aus. Das ist ein Vorteil, weil du dein Wissen wahrscheinlich schon geordnet hast. Zumindest gedanklich. Es kann aber ebenso eine Herausforderung sein, dieses so zu strukturieren und herunterzubrechen, dass es für Betroffene relevant und vor allem hilfreich ist. Wir haben schnell gelernt – und unser Programmleiter hatte einen wichtigen Anteil daran – immer wieder die Zielgruppe in den Blick zu nehmen. Ein Vorgehen, dass ich vom Lektorieren natürlich kenne. In diesem Fall fingen wir allerdings einen Schritt weiter vorne an: Zu Beginn der Arbeit mussten wir sie erst einmal definieren und dann während des Schreibens immer mehr konkretisieren.
Wie kommt ihr dabei zu einer gemeinsamen Linie?
Seid offen füreinander, bringt eure jeweiligen Stärken ein, traut euch, Vorschläge zu machen und seid kritikfähig!
Und denkt immer an eure Zielgruppe und den Mehrwert, den ihr dieser bieten möchtet.
Fakten finden
Im Idealfall müsst ihr überhaupt keine Inhalte mehr recherchieren – im Idealfall! In der Realität wird es wahrscheinlich immer wieder Aspekte geben, die ihr nachlesen, Daten, die ihr zusammensuchen und Expert*innen, die ihr interviewen müsst und/oder wollt. Auch hier gilt: Welche Fakten sind für die Zielgruppe relevant und untermauern eure Ratschläge? Wir haben im Zuge dessen viele Ratgeber gelesen, die zu verwandten Themen auf dem Markt sind, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sie geschrieben sind und was die Zielgruppe bewegt. Es geht nicht darum, euer Thema umfassend theoretisch zu beleuchten, sondern wissenschaftlich fundierte Tipps zu geben, die den Leser*innen des Buchs weiterhelfen.
Wie recherchiert ihr richtig?
Knüpft an euer vorhandenes Wissen und eure Fachkompetenz an. Teilt euch die Literatur auf und fasst die zentralen Punkte füreinander zusammen.
Wichtig dabei: Verzettelt euch nicht. Wer für ein Thema brennt, liest gern alles, was es dazu gibt. Infolgedessen steckt man dann in der Recherche-Phase fest und hat am Ende jede Menge Notizen, die den Rahmen des Ratgebers sprengen.
Den Schreibmodus finden
Zwei der wichtigsten Fragen, vor denen wir zu Beginn der Zusammenarbeit standen: Was, wenn unsere Schreibstile überhaupt nicht zusammenpassen? Und wie teilen wir den Text untereinander auf? Zum einen hatten wir ein bisschen Glück – schon bei der Leseprobe, die wir im Verlag eingereicht hatten, wurde deutlich, dass wir einen ähnlichen Ton anschlugen. Aber es war eben nicht nur Zufall. Erstens gibt das Genre Ratgeber sprachlich einige Vorgaben, an die wir uns beide halten (direkte Ansprache der Leser*innen und das Vermeiden von Fachbegriffen beispielsweise). Und zweitens haben wir unsere Texte immer gegenseitig überarbeitet, wodurch Eigenheiten geglättet wurden. Damit ist auch schon fast erklärt, wie wir die Themen verteilt haben: Jede von uns hat sich Kapitel ausgesucht, diese anhand der gemeinsamen Notizen ausgearbeitet – und dann haben wir in mehreren Schleifen das Geschriebene redigiert.
Wie teilt man den Text am besten auf?
Für uns hat es gut funktioniert, dass jede Autorin am Anfang Vorlieben genannt hat.
Was dann übrig war, haben wir je nach Expertise verteilt und am Ende vor allem darauf geachtet, dass die Anteile in etwa gleich ausgefallen sind.
Je genauer die Struktur und Gliederung zu Beginn ist und je sorgfältiger ihr inhaltlich vorgearbeitet habt, desto leichter fällt dieser Schritt.
Den Überblick behalten
Zum Schluss möchten ich euch noch einige Techniken und Tools verraten, die uns geholfen haben, Ordnung in den Schreibprozess und die Organisation dieses großen Projekts zu bringen:
Haltet Ordnung.
Von Anfang an solltet ihr Ordnung in eure Dokumente bringen – denn es werden viele! Vergebt klare Dateinamen mit Angabe des Datums, der jeweiligen Version und des Autors bzw. der Autorin.
Zum Beispiel:
2021014_Manuskript_Buchtitel_V04_K.doc
(= Vierte Version des Buchmanuskripts vom 14.10.2021, bearbeitet von Katharina)
Nutzt redaktionelle Tools.
Es gibt etliche, auch kostenfreie Tools zum Verwalten redaktioneller Prozesse. Probiert ein bisschen herum, was für eure Zwecke am besten ist. Wir haben uns für Trello entschieden. Dort sind verschiedene Boards, also Pinnwände, und Karteikarten angelegt - von den ersten Brainstormings über Literaturlisten bis hin zu Coverideen. Auch die verschiedenen Manuskript-Versionen haben wird dort abgelegt.
Koordiniert die Arbeit am Text.
Im Gegensatz zum Trello-Board, auf dem man ohne Probleme parallel arbeiten kann, solltet ihr das niemals in den Dokumenten machen. Vor allem nicht im Manuskript! Gebt einander immer Bescheid, wenn ihr an der aktuellen Version arbeitet, stellt den Nachverfolgungsmodus ein und vergebt eine neue Versionsnummer. Sonst ist Chaos vorprogrammiert.
Sprecht regelmäßig miteinander.
Trefft euch regelmäßig oder telefoniert, um über den Stand der Dinge und offene Fragen zu sprechen. Abgesehen davon, dass ihr organisiert sein müsst, ist Schreiben auch ein kreativer Prozess. Oft kommen im Dialog die besten Ideen oder es werden Schwächen im Manuskript deutlich, die vorher keine*r von euch bemerkt hat.
Tretet als Team auf.
Wenn ihr mit dem Verlag, einer Agentur oder Gastautor*innen kommuniziert, ob via E-Mail, per Telefon oder sogar vor Ort: Macht das gemeinsam. Setzt euch ins CC, plant Videokonferenzen oder Ähnliches. Es ist euer gemeinsames Projekt, also solltet ihr auch als gleichberechtigte Partner*innen auftreten. Wenn ihr einzelne Kommunikations-Aufgaben klar trennt, kommuniziert das vorher ausdrücklich.
Das waren nur einige Schlaglichter auf unsere gemeinsame Arbeit. Wenn du mehr wissen willst oder dich ein Punkt genauer interessiert: Frag gerne nach!
Ein Profi-Tipp zum Schluss: Kaffee und Schokolade bereithalten ;-)
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