Autor*innen sind ja bekanntlich betriebsblind – wie jede andere Berufsgruppe auch. Das gilt nicht nur für Rechtschreibfehler, die dein Hirn bei eigenen Texten oft automatisch korrigiert.
Wenn du Expert*in für dein Thema bist, dann steckst du so im Detail, dass es dir vielleicht nicht in allen Punkten gelingt, dein Wissen für Laien verständlich herunterzubrechen, zusammenzufassen oder zu erklären. Genau das ist aber für Ratgeber (und im Sachbuchbereich) nötig. Deine Leser*innen wollen Informationen und Ratschläge von dir, die sie direkt auf ihr eigenes Leben anwenden können. Einen greifbaren Mehrwert – nicht eine trockene Auflistung all deines Wissens. Das ist dir sicher bewusst. Dennoch wird es die ein oder andere Stelle in deinem Manuskript geben, die in dieser Hinsicht nicht optimal ist.
Hier helfen Testleser*innen!
Wer eignet sich als Testleser*in?
Die wichtigste Voraussetzung ist: Der- oder diejenige muss Lust und Zeit haben, dein Manuskript gründlich und aufmerksam zu lesen und dir Feedback zu geben. Darüber hinaus sollte er oder sie häufig lesen. Generell und am besten auch im Ratgeber-Genre, um ein Gefühl dafür zu haben und Vergleiche anstellen zu können. Es müssen keine absoluten Leseratten sein, aber jemand, der sonst nie ein Buch in der Hand hat oder der Meinung ist, Ratgeber brächten sowieso nichts, ist nicht der*die richtige Kandidat*in.
Folgende Personen können besonders gutes Feedback geben:
- Mitglieder deiner Zielgruppe
Die kinderlose Freundin ist wahrscheinlich nicht die Richtige, um einen Erziehungsratgeber zu beurteilen, der Hundebesitzer wird sich mit einem Ratgeber zu Aquarien schwertun und Sportmuffel können wenig zu Trainingsratgebern sagen. Ganz klar: Mindestens eine*r, am besten alle Testleser*innen müssen aus der Zielgruppe kommen.
- Expert*innen
Erste Ausnahme: Du kennst andere Expert*innen für dein Thema, die deinen Text aus fachlicher Sicht beurteilen können. Dann ist es nebensächlich, ob sie direkt zur Zielgruppe passen. Wenn du einen Ratgeber schreibst, bist du natürlich in deinem Thema sattelfest. Es ist also nicht zwingend nötig, dass du Expert*innen mit ins Boot holst – aber vielleicht brauchst für einige Passagen eine zweite Meinung.
Achtung: Dein Manuskript sollte nicht in die Hände der direkten Konkurrenz gelangen!
- Branchenkenner*innen
Du kennst jemanden aus der Buchbranche? Jackpot! Auch hier ist die Zielgruppe nicht ganz relevant, sondern das vorhandene Branchenwissen. Gerade, wenn du als Selfpublisher*in arbeitest, kannst du von solchen Testleser*innen enorm profitieren.
Wichtig ist: Die Gruppe sollte überschaubar und vertrauensvoll sein!
Auf was können/sollen sie beim Lesen achten:
Testleser*innen ersetzen kein Lektorat oder Korrektorat. Das ist nicht Sinn der Sache. Sie sollen beim Lesen vor allem das große Ganze im Blick haben und eventuell ihre eigene Expertise einbringen. Testleser*innen simulieren quasi den "Ernstfall".
Hier eine unvollständige Liste möglicher Punkte, auf die sie achten können:
- Funktioniert der Ratgeber? Haben sie einen Mehrwert davon?
- Fühlen sie sich (direkt und korrekt) angesprochen?
- Hast du das Fachliche verständlich aufbereitet? Ist es gut zugänglich?
- Gibt es Passagen, die sie nicht verstehen?
- Gibt es Redundanzen, also Stellen, die sich wiederholen und/oder langweilen bzw. am Thema und an der Zielgruppe vorbeigehen?
- Ist das Buch gut lesbar? (Aufbau, Wortschatz, Stil usw.)
- Fehlen ihnen ein oder mehrere wichtige Aspekte? Bleiben Fragen offen?
- u.v.m.
Du wirst selbst ein Gespür dafür haben, was dich besonders interessiert oder wo du Schwächen im Text vermutest. Bei meinem eigenen Ratgeber haben meine Co-Autorin Michèle und ich zum Beispiel gezielt um Feedback gebeten, ob man dem Text anmerkt, dass zwei Autorinnen daran geschrieben haben.
Wie genau müssen deine Anweisungen sein?
Es kommt auf dich und deine Testleser*innen an, wie genau deine Anweisungen vor dem Lesen sein müssen. Vielleicht magst du den Testleser*innen eine Liste mit Fragen mitgeben? Das ist vor allem sinnvoll, wenn du bestimmte Punkte auf jeden Fall wissen möchtest. Oder wenn die Testleser*innen unsicher sind und sich einige Hinweise wünschen. Frag doch einfach nach.
Es reicht aber manchmal durchaus, nach dem Lesen ihr allgemeines Feedback einzuholen und dann konkret Rückfragen zu stellen. Wenn ihr so arbeiten möchtet, sollte der Leseeindruck aber noch frisch sein. In jedem Fall sollst du die Testleser*innen ermutigen, großzügig ihre Eindrücke zu notieren, zu kommentieren und auch vermeintlich „dumme“ Fragen zu stellen. Je mehr Feedback, desto besser. Es heißt ja nicht, dass du alles umsetzen musst – aber zumindest darüber nachdenken solltest du!
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